Wir schreiben das Jahr 1987 - die Thrash-Bewegung steuert auf ihren Höhepunkt zu. Ein Jahr zuvor haben METALLICA mit "Master of Puppets", SLAYER mit "Reign in Blood", MEGADETH mit "Peace Sells ... But Who's Buying?" und KREATOR mit "Pleasure to Kill" bereits schon ganz fett abgeliefert. Da wollten ANTHRAX sich natürlich auch nicht zweimal bitten lassen und lieferten mit "Among the Living" ebenfalls ein Meisterwerk ab.
30 Jahre später begeben sich die New Yorker (nahezu in der Originalbesetzung von 1987) auf große Weltreise, um den runden Geburtstag ihres Megasellers gemeinsam mit den Fans zu feiern.
Als Einheizer haben die alten Thrash-Haudegen, THE RAVEN AGE (mit dem Steve Harris Sprössling George Harris) mit an Bord. (JK)
THE RAVEN AGE haben allerdings, was den Zuschauerzuspruch betrifft, erstmal die Arschkarte gezogen. Nur ein paar Dutzend "Die Hard Fans" der Band, haben zu früher Stunde schon Stellung vor der Bühne bezogen. Die Modern Metaller aus London juckt dieser Umstand aber wenig, und legen nach dem Intro "Uprising" (von ihrer selbstbetitelten EP) kraftvoll, mit der aktuellen Single "Promised Land", los. Die fünf Musiker um Gitarrist George Harris, Sohn von IRON MAIDENs Steve Harris, wirken voll fokusiert und motiviert. Leider ist der Sound etwas schwammig, sodass gerade die melodischen Gitarrenleads etwas untergehen.
THE RAVEN AGE (© by metal-is-forever) |
Nachdem es bei THE RAVEN AGE noch realtiv gesittet vor der Bühne zugegangen ist, drängen jetzt in der Umbaupause die Massen nach vorne, um sich für das zu erwartende Thrash Spektakel in Stellung zu bringen. Innerhalb weniger Minuten füllt sich der Innenraum im Backstage (Werk), sodass sich manch einer, wie die berühmt-berüchtigte Ölsardine, in dazugehöriger Dose vorgekommen sein muss. Jetzt fehlen eigentlich nur noch die Hauptdarsteller. Doch die lassen auf sich warten. So macht man aus der Not eine Tugend und schaut, was für einen Bühnenaufbau sich ANTHRAX ausgedacht haben. Als erstes fällt natürlich das Drumkit auf, welches mittig plaziert, eine Etage höher, über dem Geschehen thront. Außerdem stechen die Aufsteller mit Pentagramm-Motiv, die rechts und links das Bühnebild einrahmen, ins Auge. Ansonsten wirkt die Bühne realtiv aufgeräumt.
ANTHRAX Live (© by metal-is-forever) |
War Thrash vom ursprünglichen Gedanken her, nicht antikommerziell? Dieser Gedanke ist anno 2017 anscheinend nicht mehr ganz so wichtig. Schwamm drüber. Oder noch besser: Licht aus - Spot an!
Punkt 20.45 Uhr ist es dann endlich soweit - zu den Klängen von "Impaled" marschieren die New Yorker Thrash-Urgesteine ein, greifen sich die Saiteninstrumente und stimmen mit "A.I.R." gleich mal einen Klopper an, der die Kraft hat, das Backstage innerhalb weniger Sekunden in ein Madhouse zu verwandeln. Wo andere Bands mühsam hinarbeiten müssen, wenigstens einmal am Abend einen ordentlichen Moshpit hinzubekommen, genügt ANTHRAX der Opener eines Konzerts, und die Hütte brennt. Beeindruckend! Wo wir schon beim Thema sind - als nächstes folgt nun tatsächlich "Madhouse". München steht Kopf!
ANTHRAX (© by metal-is-forever) |
Auch die Rahmenbedinungen spielen ANTHRAX heute fett in die Karten: Top Soundverhältnisse, eine Lightshow der gehobenen Klasse und eine Set-List, die zwar nicht jeden Wunsch erfüllt (was bei der Fülle an Klassikern auch gar nicht möglich wäre), aber dennoch den Spagat zwischen Oldschool-Hits und Krachern neueren Datums mit Bravour besteht.
Da ANTHRAX die aktuelle Tour als Geburtstagsparty für ihr Überalbum "Among the Living" angekündigt hatten, ist die Show in zwei Blöcke unterteilt. So gehen die Herren nach "Be All, End All" erstmal von der Bühne und genehmigen sich einen überlangen Pausentee.
Als nach 25 Minuten Leerlauf so langsam aber sicher Unmut im Publikum aufkommt, erbarmen sich die Thrash-Helden und nehmen wieder die Arbeit auf.
ANTHRAX (© by metal-is-forever) |
Als Bonus und Schlußpunkt unter den schweißtreibenden Gig liefern ANTHRAX noch die unkaputtbare TRUST Coverversion "Antisocial" ab (die Halle brüllt sich die Stimmbänder endgültig wund), nach der die Band noch Plektren in rauen Mengen unter das Volk bringt und damit nochmals für Chaos (wildes Geschubse und Gegrabsche) in den ersten Reihen sorgt. (JK)
ANTHRAX - "Among the Kings" Tour 2017: Schön war's, wild war's - so wie früher. Nur die Knochen werden morgen weh tun. Wir werden eben alle nicht jünger. (JK)
Im Moshpit vor Ort waren Jürgen (JK) und Raphael (RH)